Besteht Handlungsbedarf für ärztliche und zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaften?
Am 1. Januar 2024 ist es nun soweit. Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) tritt in Kraft. Der Gesetzgeber hat mit dieser Reform eine aus Sicht vieler Juristen längst überfällige gesetzliche Anpassung des Rechts der Personengesellschaft auf den Weg gebracht, welche insgesamt 136 Gesetze und Verordnungen ändert und insbesondere die gesetzlichen Regelungen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts („GbR“) einem umfassenden Wandel unterwirft.
Die historische Entwicklung der GbR
Bereits mit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs („BGB“) am 1. Januar 1900 wurden die gesetzlichen Regelungen der GbR eingeführt. Der Gesetzgeber betrachtete die GbR seinerzeit als bloße „Gelegenheitsgesellschaft“ und formte nach diesem Leitbild auch die Rechtslage. Seit dieser Einführung kam es allerdings kaum zu Gesetzes-änderungen, so dass das MoPeG auch als „Jahrhundertreform“ bezeichnet werden darf.
Gleichwohl entwickelte sich die GbR im Laufe von mehr als 120 Jahren zu einer wichtigen Rechtsform im Wirtschaftsleben — insbesondere für die freien Berufe. Das bei Inkrafttreten des BGB geltende gesetzliche Leitbild der „Gelegenheitsgesellschaft“ entsprach daher seit langem nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen, so dass sich zunehmend die Rechtsprechung berufen sah, durch eine Vielzahl von Urteilen die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs zu berücksichtigen und die Rechtslage entsprechend auszugestalten. Insbesondere ist hier an die grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsfähigkeit der GbR aus dem Jahr 2001 („Weißes-Ross-Entscheidung“) zu denken, in welcher festgestellt wurde, dass die GbR selbst als rechtsfähig anzuerkennen ist und somit auch Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Seit dieser Grundsatzentscheidung ist es der GbR noch verstärkter möglich, am Wirtschaftsleben teilzunehmen, indem sie als Rechtsträger selbst Verträge, wie z.B. Arbeitsverträge, abschließen, Prozesse führen oder auch in das Grundbuch eingetragen werden kann. So stellte auch die Bundesregierung in ihrer Begründung zum MoPeG prägnant fest, dass „der Rechtsanwender das maßgebliche Recht dem Gesetz vielfach nicht mehr entnehmen kann.“
Zu weit hatte sich die Rechtsprechung mittlerweile bereits vom ursprünglichen Wortlaut des Gesetzes entfernt.
Diese Entwicklungen hat nun auch der Gesetzgeber im MoPeG nachvollzogen und die bisherigen Regelungen der GbR in den §§ 705 ff. BGB an die Rechtsprechung sowie die bisherige Praxis der Vertragsgestaltung angepasst.
Welche Neuerung sieht das MoPeG vor?
Entscheidende Neuerungen sieht das MoPeG in den Bestimmungen über das Ausscheiden eines Gesellschafters und die Beendigung der Gesellschaft vor. Bisher führte die Kündigung der Gesellschaft oder auch der Tod der Gesellschaft zur Beendigung der Gesellschaft und damit zur Liquidation. Künftig geht das MoPeG in solchen Fällen von einer Fortführung der Gesellschaft durch die verbleibenden Gesellschafter als Regelfall aus. Der ausscheidende Gesellschafter erhält für den Verlust seiner Beteiligung eine Abfindung. Weiterhin wird die Rechtsfähigkeit der GbR nunmehr auch im Gesetz ausdrücklich verankert. In der Folge verfügt die GbR auch über ein eigenes Gesellschaftsvermögen. Bisher war das Vermögen den Gesellschaftern gemeinschaftlich zugeordnet (sog. Gesamthandsvermögen).
Weiterhin kann zukünftig die Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters nicht mehr inhaltlich beschränkt werden. Derzeit kann der Gesellschaftsvertrag noch regeln, dass Gesellschafter nur dann berechtigt sind, Geschäfte im Namen der Gesellschaft zu abzuschließen, wenn diese bestimmten Kriterien entsprechen, beispielsweise eine bestimmte Summe nicht übersteigen. Werden diese Kriterien nicht erfüllt, handelt der Gesellschafter ohne Vertretungsmacht. Die Gesellschaft ist nicht verpflichtet, das Geschäft zu genehmigen und ist der Folge auch nicht an dieses Geschäft gebunden.
Zum Schutz des Rechtsverkehrs sind solche Beschränkungen der Vertretungsbefugnis
im Außenverhältnis ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr möglich. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein Gesellschafter zur Vertretung berechtigt ist.
Das Gesellschaftsregister
Eine wesentliche Neuerung sieht das MoPeG mit der Einführung des sogenannten Gesellschaftsregisters vor. Zukünftig besteht für eine GbR die Möglichkeit, sich in dieses Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Durch den Einblick in dieses Gesellschaftsregister lassen sich somit maßgebliche Informationen über eine GbR erlangen, wie insbesondere der Name, der Sitz und die Anschrift der Gesellschaft, die Namen, Vornamen Geburtsdaten und Anschriften ihrer Gesellschafter sowie die Angaben zu den Vertretungsbefugnissen der Gesellschafter. Mit diesem Gesellschaftsregister verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Transparenz einer GbR im Geschäftsleben zu erhöhen und somit auch ihre Stellung im Wirtschaftsleben weiter zu stärken. Bislang gab es keine Möglichkeit, solche Informationen von offizieller Seite zu erlangen, so dass Geschäftspartner in der Regel im Unklaren über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse einer GbR blieben.
Die Eintragung einer GbR ins Gesellschaftsregister erfolgt durch eine notariell beglaubigte Anmeldung. Anders als bei sonstigen Rechtsformen ist eine solche Eintragung für eine GbR jedoch nicht verpflichtend. Für Gesellschaften, die am Rechtsverkehr dauerhaft teilnehmen, bietet eine solche Eintragung allerdings die Möglichkeit, für mehr Transparenz über ihre Verhältnisse zu sorgen und dadurch auch ihre Seriosität zu unterstreichen.
Mit Eintragung in das Gesellschaftsregister muss die Gesellschaft Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen.
????Empfehlung:
Ärztliche bzw. zahnärztliche Kooperationen, insbesondere Berufsausübungs-gemeinschaften und MVZ-Gesellschaften, nehmen am wirtschaftlichen Geschäftsverkehr teil und sollten Transparenz über ihren Gesellschafterbestand und ihre Vertretungs-regelungen schaffen. Aus diesem Grund ist die Eintragung einer solchen GbR in das neue Gesellschaftsregister durchaus empfehlenswert.
Wann besteht Handlungsbedarf?
Für die Gesellschafter einer GbR stellt sich nun die Frage, ob aufgrund des MoPeG Anpassungen im Gesellschaftsvertrag erforderlich sind. Pauschal kann diese Frage nicht beantwortet werden. Vielmehr wird sich ein Handlungsbedarf aus der konkreten Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ergeben. Bei Verträgen ohne dezidierte Regelungen oder mit Verweisen auf die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen, besteht in aller Regel jedoch Handlungsbedarf.
Selbstverständlich unterstützen wir Sie gerne dabei, Ihre GbR mit der Einführung des MoPeG auf rechtssichere Beine zu stellen. Sprechen Sie uns gerne an. Über unsere Zentrale, Tel. 08841 – 676970 wird Ihr Anliegen direkt an unsere Experten weitergegeben. Auch können Sie sich gerne direkt per Email an uns wenden: rechtsanwaelte@dr-schauer.de