Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten blei­ben auch dann frei­be­ruf­lich, wenn ein­zel­ne Part­ner kaum Pati­en­ten behan­deln – solan­ge sie beruf­lich qua­li­fi­ziert sind

Eine Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs bringt frei­be­ruf­lich täti­gen Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten, ins­be­son­de­re in Heil­be­ru­fen, mehr Rechts­si­cher­heit: Auch wenn ein Gesell­schaf­ter vor allem admi­nis­tra­ti­ve Auf­ga­ben über­nimmt und nur weni­ge Pati­en­ten behan­delt, blei­ben die Ein­künf­te der gesam­ten Gesell­schaft frei­be­ruf­lich – und damit nicht gewer­be­steu­er­pflich­tig.

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) hat mit sei­nem Urteil VIII R 4/22 eine erfreu­li­che und pra­xis­re­le­van­te Ent­schei­dung getrof­fen: Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten wie z. B. zahn­ärzt­li­che Part­ner­schaf­ten ver­lie­ren ihren frei­be­ruf­li­chen Sta­tus nicht auto­ma­tisch, wenn ein Part­ner kaum noch pati­en­ten­nah arbei­tet, son­dern haupt­säch­lich orga­ni­sa­to­ri­sche und admi­nis­tra­ti­ve Tätig­kei­ten über­nimmt.

Hin­ter­grund: § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

Nor­ma­ler­wei­se gilt: Wenn eine Per­so­nen­ge­sell­schaft auch gewerb­li­che Tätig­kei­ten aus­übt – z. B. durch einen nicht aktiv mit­ar­bei­ten­den Gesell­schaf­ter – wird die gesam­te Gesell­schaft gewer­be­steu­er­pflich­tig.

So auch im zugrun­de lie­gen­den Fall:
Sie­ben Zahn­ärz­te hat­ten sich zu einer Part­ner­schafts­ge­sell­schaft zusam­men­ge­schlos­sen. Einer der Part­ner über­nahm pri­mär kauf­män­ni­sche Auf­ga­ben für die Grup­pe und war nur einen Tag pro Woche in der Pra­xis, wo er kei­ne Pati­en­ten behan­del­te, son­dern klei­ne­re Repa­ra­tu­ren über­nahm.

Das Finanz­amt sah dar­in eine gewerb­li­che Tätig­keit – mit der Fol­ge, dass alle Gesell­schaf­ter als gewer­be­steu­er­pflich­tig gal­ten. Die Kla­ge beim Finanz­ge­richt blieb erfolg­los, doch der BFH kor­ri­gier­te die­se Ent­schei­dung.

Die Ent­schei­dung des BFH

Laut BFH ist es mög­lich, dass in einer grö­ße­ren frei­be­ruf­li­chen Gesell­schaft ein Part­ner über­wie­gend admi­nis­tra­ti­ve Auf­ga­ben über­nimmt – solan­ge er über die per­sön­li­che Berufs­qua­li­fi­ka­ti­on ver­fügt und in gewis­sem Umfang frei­be­ruf­lich tätig ist.

Zitat aus der Urteils­be­grün­dung:

„Es ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass im Rah­men einer grö­ße­ren Mit­un­ter­neh­mer­schaft einer der Part­ner in nur sehr gerin­gem Maße Pati­en­ten betreut und dafür orga­ni­sa­to­ri­sche und admi­nis­tra­ti­ve Tätig­kei­ten im über­wie­gen­den Maße über­nimmt.“

Ent­schei­dend ist, dass die Tätig­keit auf die per­sön­li­che Berufs­qua­li­fi­ka­ti­on zurück­zu­füh­ren ist – nicht, dass eine bestimm­te Min­dest­an­zahl von Pati­en­ten behan­delt wird. Ein nach außen erkenn­ba­rer indi­vi­du­el­ler Bei­trag zur frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit genügt.

Das bedeu­tet für Sie:

  • Frei­be­ruf­li­che Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten (z. B. Zahnarzt‑, Arzt- oder Steu­er­be­ra­ter­pra­xen) kön­nen intern Auf­ga­ben arbeits­tei­lig ver­tei­len, ohne den Ver­lust des frei­be­ruf­li­chen Sta­tus zu ris­kie­ren.
  • Admi­nis­tra­ti­ve Ver­ant­wor­tung darf ein Part­ner über­neh­men, auch bei mini­ma­lem Pati­en­ten­kon­takt – ohne Gewer­be­steu­er­pflicht für alle.
  • Wich­tig bleibt, dass alle Gesell­schaf­ter beruf­lich qua­li­fi­ziert sind und nicht nur pas­siv am Gewinn betei­ligt wer­den.

Sie möch­ten prü­fen, ob Ihre Pra­xis­struk­tur steu­er­lich opti­mal auf­ge­stellt ist oder ob ein ähn­li­ches Risi­ko für Ihre Mit­un­ter­neh­mer­schaft besteht?
Spre­chen Sie uns ger­ne an.

Ihr Team der Kanz­lei Dr. Schau­er steht Ihnen bei steu­er­li­chen Fra­gen zur frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit und Gewer­be­steu­er­pflicht kom­pe­tent zur Sei­te.